Reporter in den Tagebau! Ein Besuch in der größten Erzmine Kenias

Wie schon 2019 setzen wir beim „Team Red“ 2020 auf die Lust am Fotografieren und auf das Entwickeln von Reportagen mit Interviews. Dabei sorgen wir schon bei der Vorstellung unseres Ausflugsziels vor versammelten Schüler*innen für Jubel und leuchtende Augen: Die Base Titanium Mine, eine halbe Stunde Autofahrt von Msambweni entfernt, ist hier landauf landab bekannt, die gelblichen Sanddünen ihrer gewaltigen Abraumhalden erheben sich gut sichtbar am Horizont. Damit ist unsere erste Sorge ausgeräumt, es könnte enttäuschte Gesichter bei denen geben, die nicht im Filmteam sind.

Unser Team besteht aus lauter „Neuen“, also Jugendlichen, die 2019 noch nicht mit dabei waren. Zwei sind erst in der sechsten Klasse, was aber keineswegs bedeutet, dass sie den Aufgaben nicht gewachsen wären – im Gegenteil, die beiden erweisen sich als besonders engagiert. Dennoch gibt es eine gewisse Befangenheit, wenn da plötzlich zwei alte weiße Männer in gewöhnungsbedürftigem Englisch auf sie einreden. Wir müssen uns etwas einfallen lassen, um die Zungen zu lösen und die Eigeninitiative zu fördern. Dazu gehört euch ein bisschen „Erlebnispädagogik“ – und sei es nur, zusammen zu schreien.

Nice View Screaming Reporter project: Here comes success!

Nachdem unser Team sich ein bisschen im Interviewen und Fotografieren auf dem Gelände der Nice View Academy erprobt hat, geht es an die Vorbereitung der Exkursion. Wie wir schon im letzten Jahr gelernt hatten, ist die Hemmschwelle des Fotografierens viel leichter zu überwinden als die des Interviews: Das Vorbereiten von Fragen, die Kommunikation mit einer fremden Person, das Aufzeichnen und spätere Verarbeiten der Antworten – all das ist nicht so schnell gelernt wie das richtige Halten und Auslösen einer Smartphone-Kamera. Was ist denn wohl dieses „Base Titanium“? Was steht uns da morgen bevor? Was interessiert die Jugendlichen (vielleicht nicht unbedingt dasselbe, das uns zuallererst interessieren würde)?

Wir stürzen uns auf die Website dieses anglo-australischen Konzerns, der seine Arbeitsweise und vor allem seine „Corporate Social Responsibility“ sehr ausführlich darlegt. Die Aufgabe für Team Red: Seht euch die Website genau an und entwickelt Fragen zu den Themen Umwelt, Technik und Menschen. Unsere erste Überraschung ist, wie viele spannende Fragen in kurzer Zeit zusammen kommen. Unsere zweite Überraschung – mit etwas Verzögerung, am Tag danach – ist, wie sehr diese Fragen das Fachwissen unserer Public Relations Officer, Valentina, tatsächlich auf die Probe stellen.

Im Computerraum bei der Arbeit am Backend

Der Besuch bei Base Titanium ist so attraktiv, dass unsere Reisegruppe wächst und wir mit Anhang zu fünfzehnt bei der Mine aufschlagen. Hier geht es ziemlich professionell zur Sache. Mitten im grünen Wald erheben sich Kontrollposten, Besucherzentrum, Versorgungsgebäude, überragt von einem hohen Damm und Fabrikanlagen. Die Details finden sich in der Reportage über unseren Besuch, die die Jugendlichen am nächsten Tag geschrieben haben. Ausgestattet mit Schutzhelmen, Warnwesten und Brillen ist unsere Gruppe schon selbst für mehr als ein Foto gut.

Wichtiges Detail bei allen Einsätzen der Reporters: Was gibt es zu essen? Wir dürfen zum Mittagessen in die Werkskantine, wo zur allgemeinen Freude Huhn, Soda (Limonade) und Kuchen zum Dessert gereicht wird – umgeben von dutzenden Minenarbeitern in staubigen Overalls. Unsere Gastgeberin hatte sich anfangs besorgt gezeigt, die Umgebung könne für junge Mädchen beunruhigend wirken. Davon kann bei unserem Team keine Rede sein. Wir begegnen aber einer anderen Besuchsgruppe, jungen Schülerinnen einer offenbar muslimischen Schule, die alle Kopftücher unterm Schutzhelm tragen, und verstehen, dass hier an sehr verschiedene Befindlichkeiten gedacht werden muss.

Den Abschluss bilden drei ausführliche Interviews mit unserer Begleiterin, Valentina, die sich viel Zeit dafür nimmt und für die Jugendlichen auch ein fast ideales Gegenüber ist: Sie hat selbst beim Radio gearbeitet und weiß, was ein Interview ist. Sie weiß das sogar so gut, dass sie uns ein paar Tage später, nach der Veröffentlichung, kontaktiert und um Korrektur von ein paar nicht so gelungenen Formulierungen bittet. Was wir natürlich tun.

Wie nicht anders erwartet, kommt der schwierigste Teil zum Schluss: Wie mache ich aus einem mehrere Minuten langen Interview einen Text? Letztes Jahr hatten wir es mit Mitschreiben der Antworten versucht, was leider dazu führte, dass oft nur die ersten Sätze der Antwort auf dem Papier landeten und der Rest aus der Erinnerung rekonstruiert werden musste. Dieses Mal sind wir kecker und benutzen die Recorder-Funktion der Smartphones, was aber auch heißt, dass die Aufnahmen danach transkribiert werden müssen. Das wird von Team Red zwar mit viel Elan begonnen, am Ende finden sich aber leider oft nur die ersten Sätze der Antwort auf dem Zettel… den Rest transkribiert der zuweilen übermotivierte Lehrer in Nachtarbeit.

Nach dem etwas zähen Beginn sind wir am Ende stolz auf das Ergebnis: Unser Team Red hat eine Reportage und drei Interviews fertig produziert. Es sind richtig schöne Fotos geschossen worden. Und bei der Abschlusspräsentation vor der gesamten Schule bekommt unser Team nicht nur viel Beifall, sondern kann auch noch den Voice-o-meter-contest für sich entscheiden: Das Foto von Nice View Reporter Yusuf, wie er beim Mittagessen in der Kantine von Base Titanium zufrieden in sein Hähnchen beißt, versetzt das Publikum in Extase. Ein weiterer Husarenstreich der investigativen Nice View Reporter!