Der zweite Tag könnte nicht besser beginnen. Schon am Vortag haben die Teamleiterinnen Maria und Melanie angekündigt, dass das Team Abadalla erst mal im Klassenraum bleibt, um die Porträts vom Vortag, die die Schüler*innen von sich fotografiert haben, zu bearbeiten und anschließend auf die Website zu stellen. „We are first to work on the real website?“, fragen die Schüler*innen, und als die Antwort „Yes, you are“ lautet, glänzen die Augen noch ein bisschen mehr.
Wir haben ja zwischendurch immer wieder den Eindruck, als glaube man uns nicht so ganz, dass die Website wirklich im Internet zu sehen ist und nicht lokal auf einem Rechner liegt. In diesen Momenten hilft dann immer das Mobiltelefon. Was auf einem Smartphone zu sehen ist, ist für die Kenianer*innen online – das sagt viel über die Internetnutzung in Ostafrika aus. Als die Schüler*innen also die ersten Porträts auf http://nice-view-reporter.org/team/ auf dem iPhone sehen, ist die Begeisterung groß.
Die anderen Teams sind derweil in Msambweni unterwegs. Team Tim geht dem Thema „Market/Business“ nach und interviewt Händler in ihren Läden, wie viel sie verdienen, ob sie selbstständig sind, wo sie ihre Ware kaufen, ob sie Rabatt oder Kredit gewähren und wieviel Startkapital sie brauchten. Unsere anfängliche Sorge, es könnte zu wenig Ideen geben, hat sich als unbegründet erwiesen: Die Fragen sprudeln nur so. Und die erste große Hürde auf dem Weg ins Reporterleben haben die Schüler*innen auch überwunden: Bei der Ansprache erst mal erklären, wer sie sind und was sie wollen, nach einer Fotografiererlaubnis fragen (die erstaunlich oft verweigert wird!) und sich nicht entmutigen lassen, wenn Menschen nicht mit ihnen reden wollen. Insofern haben am Ende des Tages alle ihre Ziele erreicht: Es wurde genug Material für die Reportage gesammelt, und die Schüler*innen haben wichtige erste Erfahrungen gemacht.
Am dritten Tag haben alle schon das Gefühl, dass es wie am Schnürchen läuft. Die Teams sind eingespielt, alle wissen, was sie zu tun haben, alle sind hochmotiviert – sogar das jüngste Team um Abdalla herum. Am Nachmittag sind alle schon mit der Bildauswahl und den ersten Texten beschäftigt. Im Computerraum arbeiten immer zwei Teams gleichzeitig, entsprechend ist das Durcheinander. Die einen stimmen über Fotos ab und diskutieren, ob sie die Kriterien erfüllen, die im Workshop am Montag besprochen wurden, andere setzen sich mit dem Schreibblock hin und schreiben Texte oder tippen am PC Interview-Antworten ab.
Alle freien Bildschirme werden sofort geentert von denen, die gerade nichts zu tun haben und die unweigerlich bei Youtube landen. Nachmittags ist deshalb unser Guthaben bei safari.com aufgebraucht, und es ergeht für den Rest der Zeit ein striktes Youtube-Verbot. Eines unserer großen Ziele, nämlich zu vermitteln, dass das Internet aus mehr besteht als Youtube, Facebook und Instagram, müssen wir noch mal fokussiert angehen.
Unser Arbeitstag hat sich jetzt so eingependelt: Um 8:30 Uhr holt uns der Kleinbus von Nice View in Mbuyu Beach ab, dann geht die Arbeit (mit kurzer Mittagspause) bis etwa 16:30 Uhr. Anschließend bringt uns der Kleinbus zurück, müde, verschwitzt und glücklich. Nachdem wir uns wieder gesellschaftsfähig gemacht (sprich: geduscht) haben, geht jede*r für eine knappe Stunde seiner oder ihrer Lieblingsbeschäftigung nach (Sport, Lesen, Schlafen, mit der Jungreporterin im Pool planschen, Gammeln, Nichtstun). Es folgt: Eine kurze Besprechung des kommenden Tages und ein wunderbares Abendessen mit Werner und Isabelle unter dem Sternenhimmel von Mbuyu Beach.