Dreh in “Kabarto 1” in Dohuk

Sozialarbeit im Flüchtlingscamp

Wir reisen ein weiteres Mal nach Dohuk in der Autonomen Region Kurdistan. Unser Auftrag: Ein Videoporträt über die Sozialarbeit im Flüchtlingscamp “Kabarto 1”.

Kabarto 1 ist ein Camp für Binnenvertriebene (Internally Displaced People). Im Moment leben hier 14.000 Menschen. Die meisten von ihnen sind Jesid*innen aus dem Sindschar-Gebirge, die 2014 vor dem Völkermord durch den IS geflohen sind.

Die Menschen in Kabarto 1 leben verteilt auf etwa 3.000 Zelte. Im Camp gibt es eine Schule, eine Krankenstation, Polizei und Feuerwehr. Außerdem Geschäfte für Dinge des täglichen Lebens.

Die Sozialstation – Anlaufstelle für Bewohner*innen

Wir drehen mit Avivan, einer jungen Frau von nicht mal 30 Jahren, die bereits seit drei Jahren die Sozialstation im Camp leitet. Zu ihrem Team gehören sieben festangestellte und ca. 70 freiwillige Mitarbeiter*innen. Ihre Sozialstation ist ein wichtiger Anlaufpunkt für die Bewohner*innen des Camps.

Die Camp-Bewohner*innen haben Furchtbares erlebt: Sie mussten mit ansehen, wie ihre Angehörigen vom IS verschleppt, ermordet oder vergewaltigt wurden. Sie mussten überstürzt ihre Häuser verlassen, ihr ganzes Hab und Gut zurücklassen. Viele von ihnen haben den langen Weg ins Camp zu Fuß zurückgelegt.

Nun leben sie seit mehr als drei Jahren in Ein-Raum-Zelten. Küchen und Toiletten werden geteilt. Es gibt wenig Platz und so gut wie keine Privatsphäre. In den meisten Zelten befindet sich nichts als die dünnen Matratzen, auf denen die Bewohner*innen schlafen. Wer einen Fernseher hat, kann sich glücklich schätzen.

Beschäftigung und Jobs fehlen

Es gibt kaum Beschäftigung für die Campbewohner*innen, keine Jobs und damit die Möglichkeit, etwas Geld zu verdienen. Zusätzliche Lebensmittel, Kleidung, Strom oder Kerosin zum Heizen kann sich fast niemand leisten. Und das in einer Region, in der die Temperaturen im Winter auch schon mal unter dem Gefrierpunkt liegen. Im Sommer ist es auch nicht viel erträglicher bei Temperaturen von mehr als 40 Grad.

Für die Jesid*innen gibt es in absehbarer Zeit keinen Weg zurück. Ihre Häuser wurden entweder zerstört oder eingenommen. Zumal es in der Region immer noch nicht sicher ist. Vereinzelt wird noch gekämpft.

Damit die Bewohner*innen des Camps in dieser aussichtslosen Lage nicht völlig durchdrehen, arbeiten Avivan und ihre Mitarbeiter*innen rund um die Uhr daran, im Camp Angebote für sie zu schaffen und ihnen etwas Sinnvolles zu tun zugeben, vor allem den Frauen und Kindern.

Die Angebote der Sozialstation: nicht nur Zeitvertreib

Sie bieten ein Sportprogramm, eine Nähwerkstatt, Englischkurse und einen Friseur-Lehrgang. Es gibt Beratungsangebote und Workshops zu Themen wie Konfliktbewältigung oder Kindererziehung.

Wir schauen uns einen Kurs an mit dem Titel “Die Folgen des Rauchens”. Angesichts der großen Nöte, die die Camp-Bewohner*innen plagen, wundern wir uns zunächst etwas über die Themenwahl – bis wir später bei einem Rundgang immer wieder beobachten, wie Eltern ihren Kindern Zigaretten geben, als seien es Süßigkeiten. Auch Shisha rauchende Kinder begegnen uns mehrfach.

Ein weiteres großes Problem im Camp ist Gewalt gegen Frauen. Die Wenigsten wehren sich gegen die Übergriffe ihrer Ehemänner – denn ohne Ehemann würden sie ohne Rechte und finanzielle Sicherheit dastehen. Auch deshalb sind die Kurse der Sozialstation so wichtig: Sie vermitteln den Frauen Fertigkeiten, mit denen sie eigenes Geld verdienen können.

Das sind nur zwei Beispiele, wie die Arbeit von Avivan und ihrem Team jeden Tag dafür sorgt, dass Leben der Menschen im Camp ein kleines Stückchen besser zu machen. Zum Glück scheint die Finanzierung durch die GIZ sicher zu sein, so können sich Avivan und ihr Team weiter um die Belange der Bewohner*innen kümmern.